Jesus Jackson und die grenzlandreiter: Acid Kommunismus

Jesus Jackson und die grenzlandreiter, der bestgehütete Geheimtipp der Augsburger Popszene, feiern ihr 25-jähriges Bestehen mit einem neuen Album. “Acid Kommunismus” erscheint als gemeinsames Release der Labels gebrauchtemusik (betrieben von Bandmitglied Gerald Fiebig) und attenuation circuit. Produziert wurde “Acid Kommunismus” wie bereits das 2017 erschienene Vorläuferalbum “Wall of Sound” von Alexander Möckl. Der Gitarrist, Komponist und Produzent ist in Augsburg bestens bekannt durch eine Vielzahl von Projekten wie die Voodoophonics, die Standals und seine akustischen Solostücke.

Stand bei JJ&dg von Anfang an stets originelles Songwriting im Vordergrund, so gewinnt auf diesem siebten Abum die Dimension “Sound” stark an Bedeutung. Die Kernbesetzung des Trios mit Akustikgitarre (Jesus Jackson), Bass/E-Gitarre (Mathias Huber) und Keyboard (Gerald Fiebig) wird auf dem neuen Album durch neue Klangfarben bereichert. Mathias Huber spielt nun auch Steel Guitar und Modularsynthesizer, und in der Produktion von Alexander Möckl verwandelt sich eine von Gerald Fiebig geblasene leere Bierflasche in eine gespenstische Ocarina.
Nach dem von ferne an die Talking Heads und Scritti Politti erinnernden Opener klingt das Album mit den folgenden Stücken zunächst wie ein eher herkömmliches Liedermacheralbum in JJ&dg-Interpretation. Aber ab dem “Lied für Georg Elser” verwandelt es sich in etwas Anderes, Neues. Da tut sich nur ein winziges Stück unter dem Text und dem Gesang eine Welt von Tiefen, Abgründen und Mehrdeutigkeiten auf. Ein Quasi-Punk-Kracher wie “Flurentrauchung” darf dennoch auf einem JJ&dg-Album nicht fehlen.

Typisch für Jesus Jackson und die grenzlandreiter bleibt, dass sie sich nicht nur musikalisch, sondern auch textlich aus unterschiedlichsten Richtungen ihre Anregungen holen. So ist der Song “Ersatzteillager” eine Hommage an den Augsburger Dichter Martyn Schmidt, basierend auf dessen Gedicht “Ich bin 20 schwarze Zungen”. Albumtitel und Titelsong “Acid Kommunismus” verdanken sich dem Titel des letzten, unvollendeten Buches des britischen Kulturtheoretikers Mark Fisher (1968–2017), der dazu schreibt: “Dieser Begriff ist eine Provokation und ein Versprechen zugleich. Er ist auf gewisse Weise ein Witz, aber dieser dient einem ernsten Zweck. Er verweist auf etwas, das zu einem bestimmten Zeitpunkt unvermeidlich wirkte, aber jetzt unmöglich erscheint: das Zusammenkommen von Klassenbewusstsein mit einer sozialistisch-feministischen Erhebung des Bewusstseins, ein ‚consciousness raising‘, und einem psychedelischen Bewusstsein, die Fusion neuer sozialer Bewegungen mit einem kommunistischen Projekt – eine nie da gewesene Ästhetisierung des Alltagslebens.” (Mark Fisher: k-punk. Ausgewählte Schriften (2004–2016). Berlin: Edition Tiamat 2020) 

Jesus Jackson und die grenzlandreiter spielen Herbert Hindringer

2001 trat Herbert Hindringer erstmals mit einer Lesung seiner Gedichte öffentlich auf – zum Glück, denn damit wurde die deutschsprachige Lyrik um eine großartige Stimme reicher. Am selben Abend – einer Veranstaltung der Literaturzeitschrift „Zeitriss“ in Augsburg – stand auch die Band Jesus Jackson und die grenzlandreiter auf der Bühne. Eine folgenreiche Begegnung: In der Folgezeit schrieb Herbert Hindringer einige Songtexte speziell für die Vertonung durch Jesus Jackson und die grenzlandreiter. Für die damals erst kurz bestehende Band eine große Ehre, denn das enorme poetische Talent von Herbert Hindringer zeigt sich auch in diesen Texten – nicht zuletzt darin, dass er sogar dem Reim-Formular, das es damals auf der Website der Band gab, statt purem Nonsens das „lied in eigener sache“ abgewinnen konnte.

Dieses Mini-Album umfasst erstmals alle Songs, die die Band auf Basis von Herbert Hindringers Texten komponiert hat.

„lied in eigener sache“ und „für euch“ waren jahrelang fester Bestandteil des Live-Repertoires von Jesus Jackson und die grenzlandreiter und sind konsequenterweise auch in den Live-Aufnahmen bereits erschienen, die man hier nochmals hören kann.

Die anderen drei Songs sind Homerecordings von die grenzlandreiter. „susi / von herbert“ und „du kannst fast alles“ werden hier zum ersten Mal veröffentlicht.