
KLONK (Tine Klink und Gerald Fiebig)
Grünstreifen
Klang- und Rauminstallationen – Upcycling-Kunst
Galerie Extrawurst, Augsburg, 07. Mai bis 18. Juni 2017
KLONK ist der Sammelname für unsere gemeinsamen künstlerischen Aktivitäten. Die Projekte von KLONK ergeben sich aus der Schnittmenge von Themen und Formaten, die wir beide aus unserer jeweiligen Arbeit mitbringen: Natur und Ökologie, Textilkunst und Upcycling, Geräuschcollagen und Rauminstallationen seien hier als Beispiele genannt. Seit 2011 wurden verschiedene kleinere KLONK-Projekte als Radiostücke, Online-Audioveröffentlichungen und Performance realisiert.
Grünstreifen als erste Ausstellung von KLONK bündelt die Hauptmotive der bisherigen Arbeit.
Parallel zur Ausstellung erscheint die CD „For the Birds“ auf dem Label Recordings for the Summer. Sie enthält die in der Ausstellung zu hörenden Audioarbeiten sowie zwei thematisch verwandte Stücke.
Grünstreifen am Rand von Straßen oder Parkplätzen sind Versuche, in einer weitgehend technisierten Umwelt noch einen Anschein von Natürlichkeit zu wahren. Durch ihre Aufgesetztheit oder auch Hilflosigkeit mögen solche Grünstreifen, obwohl aus echtem Gras, bisweilen geradezu künstlich wirken. Um die Gegensätze von Natürlichkeit und Künstlichkeit sowie (nichtkommerzieller) Handarbeit und (kommerzieller) Industriefertigung geht es in allen Arbeiten der Ausstellung. Sie wurden speziell für die Räume der Galerie Extrawurst konzipiert. Die Leitmotive dabei sind Blumen und Vögel. Diese beiden Naturerscheinungen wurden in der Geschichte der Kunst besonders oft als stilisierte Ornamente eingesetzt. Als Schnittblumen und Ziervögel repräsentieren sie auch in unseren ansonsten künstlich erzeugten Wohn-Umwelten Reste von Natur. Ähnlich wie der Grünstreifen stehen sie damit für das doppelbödige Verhältnis des Menschen zur Natur, das zwischen Ausbeutung und Sehnsucht schwankt.

KLONK: For the Birds
For the Birds (im Eingangsraum)
Die Installation
For the Birds thematisiert das Verhältnis von Mensch und Natur in unserer Gegenwart, in der die Naturzerstörung fortschreitet, während auf der anderen Seite die Techniken für die Simulation künstlicher Natur immer alltäglicher werden. Die akustische Ebene besteht aus einer Endlosschleife, basierend auf je zwei Aufnahmen von echtem Vogelgesang von unterschiedlichen Orten Europas sowie aus je zwei Aufnahmen von künstlichem Vogelgesang, wie er bei einem Computerspiel und einem modernen Digitalwecker aus den Lautsprechern dringt. Auf der visuellen Ebene wird der Ausstellungsraum mit Grünstreifen aus Dekorasen verfremdet. Dieser ist mit echten und künstlichen (textilen) Blumen besetzt. Während die Besucher_innen z.B. darüber rätseln, ob sie gerade einen echten oder einen künstlichen Vogel hören, sind sie dazu eingeladen, die (echten) Blumen zu gießen. Diese kleine Geste des Selbst-Aktivwerdens am Kunstwerk ist als Hinweis zu verstehen: darauf, dass es auch in einer naturfernen städtischen Umgebung die Option auf „mehr Natur“ gibt, etwa durch Urban-Gardening-Projekte, bei denen man z.B. Grünstreifen mit mehr als nur Gras bepflanzt.

KLONK: Metal Birds
Metal Birds (im Kühlraum)
Die Klangaufnahme, die hier zu hören ist, stammt aus dem Nationalpark Eifel. Wie bei allen Nationalparks ist dessen Ziel die Vermittlung eines möglichst „ursprünglichen“ Naturerlebnisses. Um das Hören auf das Vogelzwitschern zu fokussieren, wurde an einer Stelle im Wald ein Hörtrichter aus Metall aufgestellt. Während wir die Vogelstimmen aufnahmen, funktionierten wir den Trichter zum Percussion-Instrument um. Damit reagierten wir auf die Paradoxie, dass sogar in einem solchen vergleichsweise natürlichen Umfeld Natur ohne künstliche Hilfsmittel gar nicht mehr erlebbar scheint. Ähnlich ambivalent zeigt sich die visuelle Ebene aus künstlichen Vögeln, die auf dem schmalen Grat zwischen Niedlichkeit und Hässlichkeit balancieren.

KLONK: Hedgebird
Hedgebird (im Flur)
Die „Hecke“ (englisch
hedge) aus Plastikblumen im Flur treibt das Spiel mit der Künstlichkeit auf die Spitze. Als Kontrast dazu dürfen sich die Besucher_innen ihre eigene Klangkulisse aus Naturgeräuschen zusammenmischen. Zur Verfügung stehen die Geräusche von Vögeln, Bienen, Grillen und einem Igel (englisch
hedgehog), sowohl aus dem KLONK-Archiv als auch von der Open-Source-Webplattform
freesound.org. Weitere Klangobjekte, die zum Einsatz kommen können, sind die Klänge von Fahrradklingeln aus der Sammlung der Selbsthilfewerkstatt Bikekitchen Augsburg. Damit gibt die Arbeit einen kleinen Eindruck davon, wie Städte klinge(l)n könnten, wenn der gleichförmig dröhnende Autoverkehr durch Fahrräder ersetzt würde. Die Arbeit wurde in Kooperation mit dem Arbeitskreis Urbane Gärten in der Lokalen Agenda 21 erstmals 2015 beim ersten Augsburger Park(ing) Day in der Maximilianstraße präsentiert. Der Park(ing) Day ist ein weltweiter Aktionstag, bei dem Parkplätze durch kreative Aktionen umgenutzt werden. Damit zeigt er auf, welcher Zugewinn an Lebensqualität in Städten durch eine Reduzierung des Autoverkehrs möglich wäre. Neben dem Audiomaterial von
Hedgebird kam dabei auch schon der Rasenteppich zum Einsatz, der nun im Eingangsraum der Galerie Extrawurst Verwendung findet. Der nächste Augsburger Park(ing) Day ist am 16. September geplant.
Auch die Bilder in dieser Ausstellung entstanden teilweise aus dem Wunsch, gebrauchten Plastik- und Textil-Elementen durch Upcycling im Rahmen von Kunstwerken eine neue Funktion zu geben. Solche Ressourcen sparende Wiederverwendung von Materialien versuchen wir in unserer Arbeit so oft wie möglich zu praktizieren. Ziel ist es, unsere künstlerische Tätigkeit mit unseren praktischen und politischen Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit zu verbinden. Ein weiteres Beispiel: Textile Handarbeitstechniken finden nicht nur zum Herstellen von Häkelblumen für Ausstellungen Verwendung, sondern auch für Guerilla-Art-Interventionen im öffentlichen Raum, z.B. im Kontext der politischen Auseinandersetzung um die Streckenführung der Linie 5.
Passend dazu dient während unserer Ausstellung die Galerie Extrawurst am 10. Juni auch als Ort für den ersten Augsburger World Knit in Public Day, bei dem jede_r zum gemeinschaftlichen Stricken vorbeikommen kann. Denn Selbstorganisieren und Selbermachen auf lokaler Ebene sehen wir als wichtige Schritte hin zu einer nachhaltigeren Lebensweise – einer Lebensweise, die dazu führen könnte, dass die reduzierten Grünstreifen in unserer Umwelt wieder breiter und bunter werden.
KLONK sind Tine Klink und Gerald Fiebig (beide Jahrgang 1973). Tine Klink alias Oda Klonk arbeitet mit ihrem Unternehmen Bunt und draußen – Krea(k)tivwerkstatt für Kunst und Natur an der Schnittstelle von Umweltbildung und Kunstpädagogik. Die Themen ihrer Workshops reichen von klimafreundlicher Ernährung bis zu Land Art im Stadtraum. Neben ihrer künstlerischen Arbeit, in der Textilarbeiten und Upcycling eine zentrale Rolle spielen, ist sie Sprecherin des Arbeitskreises Urbane Gärten in der Lokalen Agenda 21. Der Grow Up! Interkultureller Garten Augsburg e.V., in dessen Vorstand sie tätig ist, wurde 2016 mit dem Zukunftspreis der Stadt Augsburg ausgezeichnet.
Gerald Fiebig alias Otto Klonk arbeitet in seinen Klanginstallationen und -performances häufig mit Geräuschen der natürlichen wie auch der technischen Umwelt. Seine Klanginstallation Private Transport (mit Alexander Möckl), die seit 2012 in der Pferseer Unterführung zu hören ist, macht den Motorenlärm in der Unterführung zum Gegenstand. Dabei „belohnt“ sie Fußgänger und Radfahrer, weil sie aus dem Inneren von Kraftfahrzeugen heraus gar nicht hörbar ist. Für seine Klanginstallationen erhielt Fiebig unter anderem ein TONSPUR-Artist-in-Residence-Stipendium vom quartier21/MuseumsQuartier in Wien und den Kunstförderpreis der Stadt Augsburg in der Sparte Bildende Kunst.
Tine Klink: www.tineklink.de | www.bunt-und-draussen.de | www.facebook.com/buntunddraussen
Gerald Fiebig: http://www.geraldfiebig.net | www.facebook.com/GeraldFiebigAudioArt
Recordings for the Summer: www.recordingsforthesummer.de
Bikekitchen Augsburg: www.bikekitchen-augsburg.de
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